Die neuen Facebook Privacy Settings – ein Problem für Unternehmen?

Es sind wohl eher wirtschaftliche Beweggründe, die Facebook derzeit zu einer massiven Öffnung der Plattform treiben, als das nach aussen kommunizierte veränderte und per se offenere Web. Mark Zuckerberg sagt in einem Interview gestern erneut, vielleicht in der (irren) Hoffnung, das gebetsmühlenartiges Wiederholung plötzlich Wahrheit entstehen lässt:

And then in the last 5 or 6 years, blogging has taken off in a huge way and all these different services that have people sharing all this information. People have really gotten comfortable not only sharing more information and different kinds, but more openly and with more people. That social norm is just something that has evolved over time.

Dem ist sicherlich nicht so. 350 Millionen Menschen nutzen Facebook – und viele davon eben genau vor dem Hintergrund, dass sie sehr selektiv entscheiden können (oder konnten), wer bestimmte Inhalte lesen kann. Im Gegensatz zu offenen Services versprach Facebook immer, Zugriff auf Inhalte zu beschränken, den Nutzer entscheiden zu lassen, wer auf seinem Profil mitlesen kann – und ganz wichtig für Unternehmen, wer sehen kann, welche Pages (also zu einem großenteil die Outposts in Facebook von Unternehmen, Produkten oder Institutionen) abonniert hat. Insbesondere letzteres ist neuerdings nicht mehr möglich, diese Information ist, ganz gleich wie restriktiv ein User seine Settings auch einstellt grundsätzlich offen für alle, inklusive Suchmaschinen. Wenngleich viele Facebooknutzer zunächst keine Notiz davon nehmen, so können die Auswirkungen doch größer sein, als zunächst absehbar.

Würde man ohne weiteres Pages von Firmen aus der gleichen Branche abonnieren, wenn man weiß, dass Vorgesetzte und Kollegen dies jederzeit beobachten können? Plötzlich sind wichtige Informationen eines jeden Profils (egal wie gut man es vorher für Blicke von außen geschützt hat) doch einsehbar für jeden. Sobald diese Information mehr und mehr der 350.000.000 User erreicht, könnte der Prozess Fans für die Produkte oder Marken zu gewinnen wesentlich problematischer werden. Und das steht eigentlich den Interessen der stärkeren Kommerzialisierung und Monetarisierung von Facebook fast diametral gegenüber. Ganz abgesehen davon, dass ohnehin noch gar nicht absehbar ist, wie die User generell auf diese diametrale Veränderung reagieren werden.

Grundsätzlich habe ich den steten Willen und Mut zur Veränderung (weil meist zur Verbesserung) von Facebook immer gelobt – in diesem Fall bleibt Unverständnis verbunden mit der Frage ob jetzt vielleicht die große Chance für einen moderneren Nachfolger auf der Bühne der allgemeinen Social Networks gekommen ist. Noch ist er nicht in Sicht – aber die Möglichkeiten sind da, größer den je zuvor.